Deep Rising
In DEEP RISING erzählt der in Nyon geborene Filmemacher Matthieu Rytz eine Geschichte voller geopolitischer, wissenschaftlicher und unternehmerischer Interessen: Es geht um die globale Energiekrise und wie diese mit den Ressourcen des Tiefseebodens lösbar zu sein scheint. Der Dokumentarfilm deckt die Machenschaften einer Organisation auf, die befugt ist, den massiven Abbau von Metallen aus der Tiefsee zu genehmigen, die wiederum für die boomende Produktion von Elektrobatterien benötigt werden. Gesprochen wird Deep Rising vom Schauspieler Jason Momoa. Der Film beleuchtet – auch mithilfe nie gesehener Bilder vom Meeresgrund – die grösstenteils ungewisse Bedeutung der Tiefsee für das Leben auf der Erde. Der Dokumentarfilm begleitet auch ein Bergbau-Startup, das sich um die Finanzierung und die Gunst der Öffentlichkeit bemüht und versucht grünes Licht von der Internationalen Meeresbodenbehörde zu erhalten.
Technische Daten & Aufführungsrechte
Deep Rising
Handlungsempfehlungen zum Film
Wenn auch du dich für einen (vorläufigen) Stopp des Tiefseebergbaus engagieren möchtest, kannst du Folgendes tun:
- Spende an Organisationen, welche Deep Sea Mining stoppen möchten. Diese findest du hier.
- Petition der Deep Sea Conservation Coalition gegen Seabed Mining unterschreiben.
Kleine, aber in der Summe durchaus wertvolle Beiträge zum Ressourcenschutz können wir alle leisten. In dem wir bewusster konsumieren, senken wir den Rohstoffbedarf, egal ob es um Land- oder Tiefseeressourcen geht. Die vier «R’s» dienen als Leitplanken für nachhaltigeren Konsum:
- Reduce: Weniger Neues kaufen und stattdessen Secondhand nutzen (Ricardo, Ebay, tutti, revendo und Co.)
- Repair: Reparieren (lassen) statt wegwerfen (z.B. in Repair Cafés)
- Re-Use: Gegenstände möglichst lange und oft wiederverwenden
- Recycle: Wenn gar nichts mehr geht, bewusst dem Recycling zuführen
Was du sonst noch tun kannst:
- Öffentlichen Verkehr, Car Sharing und andere Sharing-Angebote nutzen. Weniger Autos bedeutet weniger Ressourcenverbauch, egal, ob fossil angetriebene oder elektronische Mobilität.
- Bewusste Geldanlage: Hast du Aktien? Zeit nachzusehen, was genau die Firmen tun, in welche du investierst! «Divestment», also das bewusste Nicht-Investieren in zerstörerische Geschäftsmodelle, macht Sinn. Dies gilt für Grossbanken ebenso wie für Privatpersonen.
Noch mehr Wissen zum Film
Hintergrund
Bisher wurden Tiefsee-Rohstoffe ausschliesslich gesucht und erforscht (Exploration), ein Abbau (Exploitation) fand nicht statt. Einige Staaten und Unternehmen drängen nun auf eine Zulassung des Abbaus. Im Juni 2021 beantragte der pazifische Inselstaat Nauru als erster Staat die Erlaubnis zum Abbau von Tiefseemineralien. Die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) war dadurch in der Pflicht, bis 2023 den dafür nötigen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Sobald dieser feststeht, ist Tiefseebergbau offiziell möglich. Die Verhandlungen der ISA-Mitgliedsstaaten im Sommer 2023 kamen zu keiner Einigung über ein solches Regelwerk. Ziel ist nun eine Einigung bis 2025.
Eine breite Allianz aus Umweltschutz, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft fordert hingegen ein Moratorium jeglicher bergbaulicher Aktivitäten in der Tiefsee, bis deren Auswirkungen ausreichend erforscht sind. Solange weder eine Rechtsgrundlage noch ein Moratorium besteht, gibt es Schlupflöcher und damit eine Gefährdung der Tiefsee durch unregulierte Bergbauaktivitäten.
Ökologische Auswirkungen
Die Auswirkungen, welche der Tiefseebergbau mit sich brächte, sind in erster Linie eines, nämlich ungewiss. Expertinnen und Experten warnen vor gravierenden direkten und indirekten Auswirkungen durch Eingriffe in einen Lebensraum, der bislang wenig erforscht ist.
Direkte ökologische Auswirkungen
In den vom Abbau betroffenen Tiefseeebenen würde das Absaugen der Manganknollen («manganese nodules») den Meeresboden umpflügen. Der Meeresboden aber auch die Knollen selbst sind Träger komplexer Ökosysteme, die verloren gehen würden und über die man bislang kaum etwas weiss. Das Abtragen von Seebergen («seamounts»), welche Kobalt und andere Metalle enthalten, würde Tiefseeschwamm- und Korallenökosysteme zerstören, die Tausende von Jahren gebraucht haben, um zu wachsen.
Auch der Abbau hydrothermaler Schlote würde einzigartige Lebensräume zerstören. Dies noch bevor die biologische Vielfalt und gesamtökologische Bedeutung dieser Ökosysteme erforscht ist.
Indirekte ökologische Auswirkungen
Neben den unmittelbaren Auswirkungen auf die betroffenen Tiefsee-Ökosysteme sind auch indirekte Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu erwarten. Durch den Knollenabbau mit schwerem Gerät würden enorme Sedimentfahnen aufgewirbelt, welche sich weit über die eigentlichen Abbaustätten hinaus ausbreiten. Welche Auswirkungen dies auf wasserfilternde Organismen wie Korallen und Schwämme hätte, ist unbekannt.
(Giftige) Abwässer, die Abraum und Feinstoffe enthalten und in den Ozean zurückgepumpt werden, würden ebenfalls weitläufige Schwaden bilden. Diese Trübung des Wassers könnte sich auf Arten auswirken, welche Biolumineszenz (Lichterzeugung durch Lebewesen) zur Jagd oder Partnersuche nutzen. Zudem könnten Lärm, Lichtverschmutzung und Sedimentfahnen Wale und andere (gefährdete) Arten beeinträchtigen, die Geräusche und Echoortung nutzen, um zu kommunizieren, Beute zu finden und Raubtieren zu entkommen.
Einfluss auf das Klima
Die Weltmeere gelten als größte Kohlenstoffsenken der Welt und absorbieren etwa 25 % aller Kohlendioxidemissionen. Kleinstorganismen spielen in diesem System eine entscheidende Rolle. Sie tragen dazu bei, Kohlenstoff in der Tiefsee zu binden und die Emissionen anderer klimaerwärmender Gase (z.B. Methan) aus den Sedimenten des Meeresbodens zu verringern. Der Verlust der biologischen Vielfalt in der Tiefsee infolge von Bergbauaktivitäten könnte den Kohlenstoffkreislauf des Ozeans verändern und seine Fähigkeit verringern, den globalen Temperaturanstieg einzudämmen.
Sozio-ökonomische Auswirkungen
Auch aus sozio-ökonomischer Sicht erscheint Tiefseebergbau fragwürdig. Die Kosten zur Beförderung von Metallen aus der Tiefsee an die Meeresoberfläche und zurück an Land sind enorm. Profitieren würden in erster Linie einige wenige Bergbauunternehmen des «globalen Nordens», also der Industrieländer. Und obwohl der Abbau auf dem offenen Meer stattfindet, wären auch Küstenregionen betroffen, denn das gewonnene Material muss weiterverarbeitet und ausgeliefert werden. Dafür bräuchte es grosse Industrieanlagen in Küstengemeinden, welche direkt von den Meeresressourcen abhängen.
Alternativen
Alternativen zum Tiefseebergbau sind laut Deep Sea Conservation Coalition (DSCC) möglich und nötig, solange gravierende Umweltauswirkungen nicht ausgeschlossen werden können. Für eine erneuerbare Kreislaufwirtschaft muss weiterhin in drei Hauptbereiche investiert werden:
Batterietechnologie
Batterietechnologien entwickeln sich rasant weiter. Die nächste Generation an langlebigeren Batterien mit Recycling-Metallen oder alternativen Rohstoffen drängen bereits auf den Markt und die Forschung läuft (auch an der Berner Fachhochschule) auf Hochtouren. Die Anzahl neuer Patente im Bereich Batterien und Energiespeichersysteme wächst jährlich viermal so schnell wie im Durchschnitt aller Technologiefelder. Tiefseemineralien könnten bald für die Herstellung von Batterien gar keine Rolle mehr spielen. Die Eingriffe durch Tiefseebergbau wären dann mit all ihren (noch unbekannten) Konsequenzen unnötig gewesen.
Recycling und Kreislaufwirtschaft
Es braucht vermehrt Investitionen in Recyclinganlagen für seltene Erden und andere nicht erneuerbare natürliche Ressourcen, die in erneuerbaren Energiesystemen verwendet werden (in Batterien, Windrädern etc.). Die intelligentere Nutzung der Metalle, die wir bereits gewonnen haben, muss zur Priorität werden. Die Forschung hat gezeigt, dass es technologisch möglich ist, Lithium, Nickel, Kobalt und Kupfer in Batterien zu mehr als 95 % zu recyceln. Je zügiger und konsequenter sich die Wirtschaft in Richtung «circular economy» entwickelt, desto weniger neue Ressourcenquellen in bislang unberührten Gebieten sind nötig.
Verbesserte Gewinnung von Metallen aus terrestrischen Quellen
Das Angebot an Landressourcen ist prinzipiell ausreichend und eine Erschliessung in der Tiefsee unnötig. Die Landökosysteme sind deutlich erforschter und Auswirkungen von Bergbau an Land sehr viel bekannter. Dass auch die Auswirkungen des terrestrischen Bergbaus zum Teil desaströs für Mensch und Natur sind, ist weithin bekannt. Die verstärkte Nutzung dieser Quellen müsste unter stark verbesserten ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen stattfinden.
Position der Schweiz
Stand 2023 sind 169 Staaten Mitglied der International Seabed Authority (ISA), darunter auch die Schweiz. Zusammen mit 20 anderen Mitgliedsstaaten plädiert die Schweiz für ein Moratorium (vorsorgliche Pausierung) für den Tiefseebergbau bis dessen Auswirkungen besser erforscht sind.
Quellen:
- The Deep Sea Conservation Coalition (DSCC)
- Factsheet Deep Sea Mining der DSCC
- World Resource Institute
- WWF
- Stopdeepseabedmining.org, Vereinigung internationaler Unternehmen für ein Moratorium für Tiefseebergbau
- Medienmitteilung Bundesrat